SPECULATIONS! mit

Manufacturing Cities

by: Kai Michael Dietrich, Manufacturing Cities, Stadtentwicklung und Beratung, Hamburg

www.manufacturingcities.com

SPECULATIONS! Series

Published on March 21, 2021

Welche Rolle spielt Infrastruktur in der Entwicklung zukunftsfähiger und lebenswerter Städte?

„In unseren Projekten der Stadt und Standortentwicklung legen wir den erweiterten Infrastrukturbegriff zu Grunde. Neben Anlagen, Institutionen, Strukturen und Systemen geht es und immer auch um nicht materielle Gegebenheiten. Die Kraft kollektiver Interessensvertretung kann eine Immense Wirkung in der Entwicklung zukunftsfähiger und lebenswerter Städte entfalten. Der Wandel von Verhaltensmustern als Infrastruktur der Veränderung kann durch sich wandelnde Umstände wie zum Beispiel Extremereignissen aber auch auf Grundlage politischer Entscheidungen extrem dynamisch reagieren. Durch Entscheidungsfreude, Aktivismus und möglicherweise auch strategischem Widerstand können neue räumliche, soziale und wirtschaftliche Qualitäten erreicht werden. Die Arbeit an städtischer Infrastruktur mit dem Ziel einer erhöhten Daseinsvorsorge und der Förderung lokaler Wirtschaft bedeutet für uns die kooperative Arbeit an Entwicklungsprozessen mit dem möglichen Ergebnis, physischer sowie digitaler Strukturen.“

© Kai Michael Dietrich

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Wie wird sich angesichts globaler und lokaler Herausforderungen Infrastruktur verändern und neu konfigurieren müssen? 

„Fortschrittliche Infrastruktur sollte die Tugend der Sparsamkeit aufweisen. Sei es mit dem nicht vermehrbaren Produktionsfaktor Boden z.B. in der Stadtentwicklung oder beim wertschätzenden Einsatz von Ressourcen im Baugewerbe oder der industriellen Produktion. Infrastruktur muss Neuinterpretationen zulassen und die effizientere Verwendung unserer Bodenschätze ermöglichen. Die Verwendung von Reststoffen, Produktnebenströmen und vermeidlich Veraltetem wird durch die neue Konfiguration von Infrastruktur möglich.
Eine unserer Ideen ist das automatisierte Up-Cycling alter Dielenböden und deren Wiederverwendung zum Erhalt von Baukultur und dem Schutz unserer Wälder.“

© Kai Michael Dietrich

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Welche Infrastruktur müssen wir aufgeben, wollen wir behalten, anpassen oder neu schaffen? 

„Viele Infrastrukturen haben ihre Zeit bzw. Epoche. Die Industriekanäle in Hamburg, Kohlekraftwerke oder auch die Bahntrassen in Deutschlands Gewerbe- und Industriegebieten. Meine Haltung zur Aufgabe großer ebenerdiger Stellplatzanlagen und deren Potenzial habe ich im Artikel Produktionsfaktor Stellplatz dargelegt. Dafür muss sich jedoch ein grundlegender Wandel in der Mobilität unter Berücksichtigung relevanter Wirtschaftsverkehre vollziehen.
Daniel Wiener vom schweizerischen Infrastrukturunternehmen Cargo Sous Terrain (CST) beschreibt in seinem Essay ,Infrastruktur verschwindet’ wie der Wille zur Umsetzung einer neuen Schlüsselinfrastruktur auch Erfindungen anregen und Innovationen beflügeln kann, die im direkten oder Indirekten Zusammenhang stehen.“

© Kai Michael Dietrich

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Welche neuen Akteur*innen werden die zukünftigen Infrastrukturen gestalten?

„Während Infrastruktur hierzulande häufig als Aufgabe der öffentlichen Hand betrachtet wird gibt es in der Schweiz eine lange Tradition unternehmerischer Investitionen in diese. Das frühe Schienennetz sowie die Wasserkraftwerke seien hier als Beispiel genannt.
Zunehmend treten aber auch Privatpersonen als Infrastrukturentwickler auf. In meiner Hamburger Nachbarschaft erfahre ich täglich wie sich gestützt durch digitale Kommunikationskanälen maßgebliche Infrastrukturen der Sparsamkeit etablieren, die einen unmittelbaren Nutzen erzeugen.
So gibt es eine Telegram Gruppe mit circa 2.750 Nachbar*innen die dort gebrauchte Alltagsgegenstände tauschen und auch Informieren, wenn etwas gefunden wurde oder es eine Straßensperrung im Viertel gibt. Hier vereinen sich, Einrichtungshaus, Fundbüro, Gemeinschaftshaus und Nachrichtenredaktion. Eine ähnliche Gruppe mit circa 650 Mitgliedern organisiert den Tausch geretteter oder überflüssig gewordener Lebensmittel. In Ergänzung dazu private Fair Teiler in Vorgärten. Diese privat imitierten Infrastrukturen führen zur Stärkung des Gemeinwohls und der Ressourceneffizienz.“

© Kai Michael Dietrich

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Über den Autor: 

Kai Michael Dietrich (M.Sc. Urban Design | B.Sc. Stadtplanung) gründete im Jahr 2018 das Stadtentwicklungs- und Beratungsbüro Manufacturing Cities. Zuvor arbeitete er bei der IBA Hamburg GmbH in der Projektentwicklung, an der HafenCity Universität in Lehre und Forschung sowie bei Kees Christiaanse Architects & Planners an strategischen Masterplänen.

 

BB2040

[EN]   Berlin Brandenburg 2040 was initiated by the Habitat Unit in cooperation with Projekte International and provides an open stage and platform for multiple contributions of departments and students of the Technical University Berlin and beyond. The project is funded by the Robert Bosch Foundation.

[DE]   Berlin Brandenburg 2040 wurde initiiert von der Habitat Unit in Kooperation mit Projekte International und bietet eine offene Plattform für Beiträge von Fachgebieten und Studierenden der Technischen Universität Berlin und darüberhinaus. Das Projekt wird von der Robert Bosch Stiftung gefördert.

Organized by:

TU-HU-RBS
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In cooperation with:

Chora
DECO
FLF
Hehl
SSI
NBL
CUD